Die Hamburgische Architektenkammer hat sich zur Zukunft der Köhlbrandbrücke am 8. August 2023 wie folgt in einer Pressemitteilung geäußert:
Köhlbrandbrücke: Hamburgische Architektenkammer hält vollständige Transparenz und eine Neubewertung der Optionen zur Köhlbrandquerung für erforderlich
Die Hamburgische Architektenkammer (HAK) fordert vom Hamburger Senat vollständige Transparenz in Bezug auf alle ihm vorliegenden Gutachten zum Zustand und der Möglichkeit einer Sanierung und Erhaltung der Köhlbrandbrücke, einem der Wahrzeichen der Stadt Hamburg, sowie über die Alternativen für eine Köhlbrandquerung, also Tunnel und Brückenneubau. Hierzu gehört insbesondere die Veröffentlichung des Gutachtens der TU Hamburg-Harburg von 2008 zum Zustand der Köhlbrandbrücke, das laut Berichterstattung von ZEIT ONLINE wichtige Informationen und Bewertungen enthalte, die für eine Entscheidungsfindung sehr bedeutsam wären. Wenn der Hamburger Senat sich darauf beruft, dass die Erkenntnisse des Gutachtens der TU Hamburg-Harburg von 2008 nicht mehr aktuell seien, so sollte er der Öffentlichkeit darlegen, welche Gründe ihn zu dieser Aussage veranlassen. Hierfür ist es auch unerlässlich, die weiteren, bisher unter Verschluss gehaltenen Gutachten, auf die sich Wirtschaftsbehörde und Hamburg Port Authority (HPA) berufen, zu veröffentlichen.
Ebenso hält die HAK es für erforderlich, dass der Hamburger Senat Einblick gibt in die bisherigen Bewertungs- und Planungsabläufe und die zukünftigen Planungsschritte. Außerdem müssen auf Grundlage aller vorliegenden Gutachten und Fakten die unterschiedlichen Optionen für die zukünftige Querung des Köhlbrands durch die verschiedenen Verkehre (Erhaltung bisherige Brücke, Neubau Brücke, Tunnelbau) neu bewertet werden.
Wenn die Berichterstattung von ZEIT ONLINE zuträfe, wonach das bislang unter Verschluss gehaltene Gutachten von 2008 zu dem Ergebnis komme, dass die Köhlbrandbrücke sehr viel länger als bislang dargestellt nutzbar bleibe und zu einem relativ geringen Betrag sanierbar sei, müsste diese Option neutral und unter fachlichen Aspekten noch einmal genau geprüft werden. Dabei sollten auch aktuelle Erkenntnisse in Bezug auf die weitere strukturelle, verkehrliche und wirtschaftliche Entwicklung des Hamburger Hafens hinzugezogen und bewertet werden: Wenn sich beispielsweise herausstellte, dass die Durchfahrtshöhe der Brücke aufgrund von Veränderungen der internationalen Warenströme und Verkehrswege nicht – wie bislang angenommen – zu gering sei oder das betreffende angebliche Manko nicht mehr die bisher argumentierte Bedeutung hätte, entfiele das neben der bisher kolportierten Baufälligkeit wichtigste Argument für einen baldigen Abriss.
Für eine genaue Prüfung des Erhalts der Köhlbrandbrücke sprechen mehrere Gründe. Es ist die mit Abstand wohl kostengünstigste Variante (laut ZEIT ONLINE seien von den Gutachtern vor 15 Jahren Kosten von 90 Millionen Euro geschätzt worden gegenüber den bisher in der Öffentlichkeit kolportierten Kosten für einen Brückenneubau von rund einer Milliarde Euro und für einen Tunnel von 5,3 Milliarden Euro inklusive 178 Millionen Euro für den Abriss der Bestandsbrücke), auch wenn natürlich die voraussichtlichen Kosten der jeweiligen Instandhaltung berücksichtigt werden müssen. Hinzu kommt die enorme Einsparung von Baumaterial, Energie und CO2 und die Vermeidung von großen Mengen Bauschutt, wenn die Brücke weitergenutzt würde – ein in Zeiten der Klimakrise bedeutender Faktor. So könnte die Sanierung und der Weiterbetrieb der Köhlbrandbrücke ein wichtiges Signal setzen für den Paradigmenwechsel hin zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz durch Weiterbauen statt neu Bauen. Und Hamburg gewönne Zeit: Könnte die Brücke, die seit 50 Jahren ein stadtbildprägendes und identitätsstiftendes Hamburger Baudenkmal darstellt, für die nächsten Jahrzehnte erhalten bleiben, bekäme die Stadt die Möglichkeit, in Ruhe und mit aller Gründlichkeit über das Ob und Wie einer vielleicht irgendwann notwendigen neuen oder ergänzenden Köhlbrandquerung nachzudenken.
Die jetzt unabdingbare intensive Prüfung der aktuell zu ergreifenden Maßnahmen muss transparent erfolgen und alle wichtigen Faktoren einbeziehen, also beispielsweise auch die Entlastung der Köhlbrandbrücke durch die kommende Autobahnbrücke der A 26-Ost, die zukünftige Entwicklung des Hamburger Hafens, die angeblich absehbar nicht mehr gegebene Belastbarkeit der Brücke für den Schwerlastverkehr sowie die angesprochene herausragende Bedeutung der Köhlbrandbrücke für das Stadtbild und als prägendes Symbol der Hafenstadt Hamburg.