Dass unser Planet und mit ihm wir Menschen nur eine Chance zum Überleben haben, wenn wir schnellstmöglich den Klimawandel so stark wie möglich begrenzen und die Umweltzerstörung aufhalten, wird ernsthaft nicht mehr bestritten. Und ebenso klar ist, dass der Bausektor als einer der Hauptverursacher für CO₂-Ausstoß, Rohstoff-, Energie- und Flächenverbrauch hierfür einen gewaltigen Beitrag leisten muss. Doch noch immer wird viel zu viel neu, nicht nachhaltig, nicht klimaschonend und nicht resilient gebaut.
Dabei ist nachhaltiges, klimaschonendes und klimaangepasstes Bauen keine Zukunftsmusik mehr – sondern Realität. Auch in Deutschland sind in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Bauwerken und Freiräumen entstanden, die beispielhaft sind. Sie zeigen, dass nachhaltige Planung – wenn man sie ernsthaft betreibt – zu auch gestalterisch gelungenen Lösungen führen kann. Sie ermutigen, die ausgetretenen Pfade zu verlassen.
Die Hamburgische Architektenkammer möchte mit der neuen Vortragsreihe „Plan N“ solche wegweisenden Projekte nachhaltigen Planens und Bauens vorstellen, die ganz konkret zeigen, wie es geht. Dabei ist klar: Es gibt nicht den einen, sondern viele Wege. Deshalb wird in jeder Abendveranstaltung ein beispielhaftes Projekt zu einem anderen Schwerpunktthema vorgestellt: Energieeinsparung, nachhaltige Materialien, Recycling, Flexibilität, Umnutzung, klimaangepasste Freiräume. Die Planer*innen berichten dabei nicht nur über das Werk, sondern nehmen dabei auch Stellung zu den Rahmenbedingungen bei Planung und Umsetzung (Zusammenarbeit mit dem Bauherrn, Kosten, gesetzliche Vorgaben usw.): Was muss sich auf den Ebenen von Planung, Politik, Verwaltung und Gesellschaft ändern, damit nachhaltiges Bauen nicht die Ausnahme bleibt, sondern zu Regel wird? Darüber wollen wir auch mit Ihnen, dem Publikum in Anschluss an die Vorträge diskutieren. Wir freuen uns auf Sie!
19. Januar 2023
Thema: Energieeinsparung
ArchitekturWerkstatt Vallentin, München
Referent: Gernot Vallentin
Projekt: Team3 – Ökologisches Wohnquartier in Passivbaustandard, München
Holzbau, energetisches Bauen und Auto-reduziertes Wohnen: Dies sind die gemeinsamen Projektziele der Baugemeinschaft Team3, einem Zusammenschluss aus den Baugemeinschaftsinitiativen „ArchitekturNatur“, „Holzbau findet Stadt“ und „Wohnen ohne Auto“. Der schonende Umgang mit Ressourcen in der Bauphase, wie auch die Reduzierung von Energieverbräuchen und Emissionen im Betrieb sind somit von Beginn an Teil des Konzepts. Das entstandene Wohnquartier mit 36 unterschiedlichen Wohneinheiten ermöglicht heute das Zusammenleben in einer lebendigen Gemeinschaft in nachhaltig hergestellten und zu bewirtschaftenden Gebäuden.
Die ArchitekturWerkstatt Vallentin in München wird seit 1996 von Gernot und Rena Vallentin geführt und hat seitdem viele beispielhafte Passivhaus-Projekte in ganz Deutschland sowie international umgesetzt. Beispiele hierfür sind die Montessori-Schule in Aufkirchen – die weltweit erste zertifizierte Passivhaus-Schule – und die „LOHAS Academy“, ein Jugendgästehaus und Seminargebäude in Goesan, welches seit 2015 das größte zertifizierte Passivhausprojekt in Südkorea verkörpert. Neben einer technisch optimalen und kostengünstigen Umsetzung liegt der Fokus der ArchitekturWerkstatt Vallentin auf einer zeitgemäßen Gestaltung der Gebäude, die mit einer skulpturalen Architektursprache Architektur und Natur zu verbinden sucht.
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26. Januar 2023
Thema: Nachhaltige Materialien
Weissenrieder Architekten, Freiburg
Referent: Jochen Weissenrieder
Das Wohn- und Geschäftshaus mit Kita "Buggi 52"
Aufgrund der Höhe des Gebäudes, die knapp unterhalb der Hochhausgrenze angesiedelt ist, stellt die ausgeführte Gebäudekonzeption einen bisher einzigartigen und zukunftweisenden Beitrag zum Bauen mit Holz dar. Ab dem 1. OG wurde das Gebäude komplett in Holzbauweise erstellt, einschließlich der Treppenhäuser und des Aufzugsschachtes. Es zeichnet sich besonders durch den sparsamen Einsatz von Holzmaterialien aus (Wände in Holzrahmenbauweise, Decken als Rippendeckenkonstruktionen). So konnte, verglichen mit einer reinen Holzmassivbauweise, ca. 40 % Holz eingespart werden. „Buggi 52" wurde als erstes Gebäude in Deutschland FSC zertifiziert und mit einem sehr hohen Vorfertigungsgrad vor Ort montiert.
Das Büro Weissenrieder Architekten in Freiburg wurde 2010 gegründet und beschäftigt aktuell 11 Mitarbeiter. Arbeitsschwerpunkte sind Wohnungs-, Schul- und Verwaltungsbau, Holzbau, Bauen ohne Verbundstoffe und Bauen im Bestand.
Jochen Weissenrieder ist Inhaber des Architekturbüros.
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02. Februar 2023
Thema: Recycling
CITYFÖRSTER architecture + urbanism, Hannover | Rotterdam | Tirana
Referent: Nils Nolting
Projekt: Recyclinghaus in Hannover-Kronsberg
Das Recyclinghaus ist ein dekompostierbares experimentelles Wohnhaus, das aus gebrauchten, recycelten und recyclingfähigen Bauteilen in recyclinggerechter Bauweise erstellt wurde. Es handelt sich um einen Prototyp, der die Möglichkeiten und Potenziale verschiedenster Arten von Recycling im Reallabor austestet und einen kreislauforientierten und ressourcenschonenden Planungsansatz aufzeigt.
Das Büro CITYFÖRSTER architecture + urbanism wurde 2005 gegründet und ist eine international tätige und interdisziplinär besetzte Partnerschaftsgesellschaft aus Architekt*Innen, Ingenieur*Innen und Stadtplaner*innen. Das Büro plant und realisiert Gebäude, städtebauliche Strukturen und Freiräume für die kompakte, sozial und funktional gemischte, multimodal vernetzte, produktive, zirkulär organisierte und klimaadaptive Stadt. Ein Arbeitsschwerpunkt ist das experimentelle, ressourcen- und recyclinggerechte Bauen.
Nils Nolting ist Architekt, Gründungspartner von CITYFÖRSTER und geschäftsführender Partner des Büros in Hannover.
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09. Februar 2023
Thema: Flexibilität
ACMS Architekten, Wuppertal
Referent: Michael Müller
Projekte: Gebäude mit Variowohnungen in Wuppertal und Bochum
Den Wohnungsmarkt in Ballungsgebieten entspannen und bezahlbaren Wohnraum für Studierende, Auszubildende und Senioren zu schaffen: Dies sind die Ziele des Bundesbauministeriums, das im Rahmen der Forschungsinitiative ‚Zukunft Bau‛ ein Modellvorhaben zum nachhaltigen und bezahlbaren Bau von Variowohnungen aufgelegt hat. Die Wohnungen sollen nutzungsneutral sein und eine geringe Warmmiete haben. Im Vortrag wird der Referent mit seinem Werkbericht zu den Gebäuden aus Wuppertal und Bochum aufzeigen, wie unterschiedlich dieser Ansatz gestaltet werden kann und dass Nachhaltigkeit auch im öffentlich geförderten Wohnungsbau realisierbar ist.
ACMS Architekten in Wuppertal berücksichtigen den ganzheitlichen Zyklus von Gebäuden von der "Wiege bis zur Bahre" unter ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten. Besondere Kompetenzfelder sind Ressourceneffizienz, Bauen im Bestand, Vorfertigung und Holzbau.
Michael Müller ist Architekt und geschäftsführender Gesellschafter des Büros.
16. Februar 2023
Thema: Klimaangepasste Freiräume
Referentin: Prof. Dr. Rieke Hansen
Stadtgrün ist Symbol und Hoffnungsträger für die klimaangepasste Stadt. Damit Bäume, Böden und krautige Pflanzen ihre Potenziale zur Bewältigung der Klimawandelfolgen voll und dauerhaft ent falten können, bedarf es einer vorausschauenden und an ökologischen Prinzipien orientierten Freiraumplanung und -gestaltung. Im „Sponge Garden“ in Rotterdam testet man unterschiedliche Pflanzungen, Bodenarten und Substratmischungen auf ihre Versickerungsleistung. Der „Augustenborg Botanical Roof Garden“ des Scandinavian Green Roof Institute in Malmö wird genutzt, um verschiedene Gründachtypen zu erforschen und zu präsentieren, darunter auch solche, die die Biodiversität fördern.
Anhand solcher Beispiele werden Wege zu einer lokal angepassten multifunktionalen Freiraumplanung aufgezeigt, die den Klimawandel und weitere drängende Herausforderungen wie den Schutz der biologischen Vielfalt adressieren.
Dr. Rieke Hansen ist Professorin für Freiraumplanung und ökologische Stadtentwicklung an der Hochschule Geisenheim. Sie erforscht und entwickelt Konzepte zur integrierten Stadt- und Freiraumplanung wie urbane grüne Infrastruktur und natur-basierte Lösungen.
23. Februar 2023
Thema: Umnutzung
Grüntuch Ernst Architekten, Berlin
Referentin: Prof. Almut Grüntuch-Ernst
Projekt: Hotel Wilmina
Das Projekt wurde mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2022 ausgezeichnet (mehr Informationen hier). Aus der Jurybegründung: „Das Hotel Wilmina befindet sich in einem ehemaligen Frauengefängnis in Berlin. Grüntuch Ernst Architekten haben das Projekt selber initiiert und sich dem schwierigen Erbe des Baudenkmals angenommen. Durch das konsequente Hinzufügen einer neuen Zeitschicht ist es gelungen, mit nur wenigen baulichen Eingriffen und maximalem Substanzerhalt einen ehemals beklemmenden Ort der Justiz in einen innerstädtischen Ruheraum zu transformieren. Das Gebäude ist ein hervorragendes Beispiel für die Nachverdichtung im Gebäudebestand mit minimalem C02-Fußabdruck bei gleichzeitiger Entsiegelung und Renaturierung von Flächen."
Das Büro Grüntuch Ernst Architekten wurde 1991 von Almut Grüntuch-Ernst und Armand Grüntuch in Berlin gegründet und beschäftigt z. Zt. mehr als 40 Mitarbeiter.
Almut Grüntuch-Ernst leitet seit 2011 als Professorin das IDAS, Institut für Entwerfen und Gebäudelehre (Institute for Design and Architectural Strategies) an der Technischen Universität Braunschweig. Seit 2016 ist sie Mitglied der Akademie der Künste Berlin.
Veranstaltungsort:
Freie Akademie der Künste in Hamburg e. V.
Klosterwall 23 | 20095 Hamburg
Veranstaltungsbeginn: jeweils 18.00 Uhr
Eintritt: 5,– € | ermäßigt 3,– €
Fortbildungsbescheinigung:
Die Veranstaltungen sind Fortbildungsveranstaltungen im Sinne der Fortbildungssatzung der HAK. Mitglieder der HAK erhalten am Ende der Veranstaltungen auf Wunsch einen entsprechenden Nachweis.
Voranmeldung: Eine Voranmeldung ist nicht erforderlich.